Rechtliche Information und Beratung zum Schutz vor Gewalt in der Familie Neben der psychosozialen Beratung gehört die Information und Auskunft über
die gesetzlichen Maßnahmen für Gewaltopfer zur zentralen Beratungsarbeit
der Frauenhelpline. Das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie Einen verbesserten Schutz für Frauen und Kinder, die von Männergewalt
betroffen sind, bietet das Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der
Familie, welches seit 1. Mai 1997 in Kraft ist und in der Zwischenzeit
zweimal (2000 und 2004) im Sinne des Opferschutzes reformiert wurde. Das Wegweiserecht (§ 38a Sicherheitspolizeigesetz) Das Sicherheitspolizeigesetz, welches die Wegweisung des Gewalttäters aus der Wohnung/Haus beinhaltet und auch ein Wiederbetreten (BV) für zehn Tage verbietet, ist eine nicht mehr wegzudenkende Maßnahmen für den Opferschutz für Frauen. Vor Inkrafttreten des Gesetzes mussten die Betroffenen ihre vertraute Umgebung, ihr Zuhause verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. Nicht der Gewalttäter musste die Konsequenzen seiner Taten ziehen, sondern die Opfer hatten den Platz zu räumen. Diese Ungerechtigkeit und Zumutung für Betroffene wurde durch diese polizeiliche Maßnahme beendet. Der § 38a bietet jedoch keinen hundertprozentigen Schutz vor Gewalt. In besonders gefährlichen Situationen, wie etwa vor, während oder nach Trennungen, kann es wichtig sein, dass betroffene Frauen und Kinder dennoch die Wohnung verlassen und eine sichere Unterkunft (z.B. in einem Frauenhaus) aufsuchen, zumindest bis die gefährlichste Zeit vorbei ist. Die „Einstweilige Verfügung“ (EV) nach § 382b ff Exekutionsordnung Eine EV kann beim zuständigen Bezirksgericht beantragt werden, wenn das Zusammenleben mit der gewalttätigen Person aufgrund von körperlichen Misshandlungen oder Drohungen unzumutbar ist. Jedoch kann auch bei seelischer Gewalt eine EV beantragt werden und zwar dann, wenn durch Psychoterror die psychische Gesundheit der Betroffenen erheblich beeinträchtigt und dadurch das Zusammenleben unzumutbar wird. Die Besitzverhältnisse spielen auch hier keine Rolle. Wichtig ist lediglich, dass die bedrohten Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben. Für den Nachweis der Gewalt müssen so genannte „Bescheinigungsmittel“ (z.B. die Aussage der betroffenen Frau, die Aussage von ZeugInnen, Berichte der Gendarmerie/Polizei, ärztliche Befunde, Spitalsbefunde, Berichte von TherapeutInnen und Hilfseinrichtungen, Fotos usw.) bei Gericht vorgebracht werden. Die Berichte der Gendarmerie/Polizei werden vom Gericht direkt angefordert. Das Gericht muss über den Antrag so rasch wie möglich entscheiden. Idealerweise sollte nach einer Wegweisung innerhalb von zwanzig Tagen entschieden werden (der Geltungsbereich eines Betretungsverbotes verlängert sich bei Beantragung einer EV innerhalb von zehn Tagen automatisch um weitere zehn Tage), damit die Betroffenen in der Wohnung bleiben können, ohne sich der Gefahr einer Rückkehr des Täters auszusetzen. Die EV bietet verschiedene Schutzmaßnahmen. Da es sich dabei um eine zivilrechtliche Verfügung handelt, muss von den Betroffenen genau beantragt werden, welche Schutzmaßnahmen sie brauchen. Hat das Gericht den Beschluss auf Ausweisung gefasst, muss die Antragstellerin sofort darüber informiert werden, wann der Beschluss vollzogen wird. Der Vollzug erfolgt durch die Gerichtsvollzieher; in dringenden oder besonders gefährlichen Fällen kann das Gericht die Gendarmerie/Polizei ersuchen, den Beschluss zu vollziehen. Die EV gilt vorerst für drei Monate, kann aber im Falle eines laufenden
Scheidungs- oder auch eines Delogierungsverfahrens (wenn die betroffene
Frau Hauptmieterin ist und die Delogierung des Misshandlers beantragt)
verlängert werden. Seit 1. Jänner 2004 haben Angehörige, die mit einem Misshandler in einer familiären oder familienähnlichen Gemeinschaft leben oder gelebt haben, die Möglichkeit, den Schutz vor Gewalt zu verlängern. Diese Gesetzesänderung ist eine wesentliche Verbesserung, weil die Antragstellung nun auch für jene Personen möglich ist, die ihre Hausgemeinschaft mit dem Gefährder vor mehr als drei Monaten aufgegeben haben. Sie kann damit auch Betroffene von Stalking (siehe unten) unterstützen. Die Mitarbeiterinnen von Interventionsstellen, Frauenhäusern und Frauenberatungsstelle stehen bei der Antragstellung einer EV hilfreich zur Seite. Auch die Frauenhelpline bietet detaillierte telefonische Information über Antragstellung und über regionale Beratungsstellen. Eine detaillierte Auskunft über die Gewaltschutzgesetze – in mehreren Sprachen - ist auf der Website des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser www.aoef.at zu finden. Interventionsstellen gegen Gewalt Zeitgleich mit dem Gewaltschutzgesetz wurden Interventionsstellen gegen Gewalt eingerichtet, die Opfer nach einer Wegweisung des Partners/Vaters kontaktieren und Hilfe anbieten. Interventionsstellen existieren nun in allen Bundesländern, die Polizei übermittelt mittels Fax die WW und BV an die Interventionsstellen, diese sind beauftragt die Opfer zu unterstützen. Die Frauenhelpline und die Interventionsstellen arbeiten „fallbezogen“ eng zusammen. In Zeiten, zu denen die Interventionsstellen geschlossen sind, übernimmt die Frauenhelpline nicht selten die Beratung von Frauen bzw. die Kooperationsarbeit mit der Exekutive. Prozessbegleitung Frauenhäuser und Opferschutzeinrichtungen forderten seit Jahren
eine Verbesserung der Situation der Opfer im Strafverfahren. 2001 verabschiedete
die Europäischen Union einen Rahmenbeschluss, in dem die Stellung
der Opfer im Strafverfahren umfassend definiert wurde. Einer der Kernsätze
verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten, die Rechte und Interessen der Opfer
in ihren jeweiligen Strafrechtssystemen anzuerkennen.
Die Mitarbeiterinnen der Frauenhelpline führen zwar selbst keine
Prozessbegleitung durch, aber sie informieren AnruferInnen über
die neuen gesetzlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Prozessbegleitung.
Sie geben Auskunft darüber, wohin sich Opfer vor und nach einer
Anzeige wenden können, welche Einrichtungen in Österreich Prozessbegleitung
anbieten, welche Organisation für welche Opfergruppen (Frauen, die
von Gewalt betroffen sind, Kinder und Jugendliche und weitere Verbrechensopfer)
zuständig sind. Am 1.Juli 2005 wurde das Verbrechensopfergesetz novelliert. Seither
haben alle Menschen, die sich rechtsmäßig in Österreich
aufhalten, (nicht nur EWR, EU-BürgerInnen, sondern auch MigrantInnen
und AsylwerberInnen) und die Opfer eines Verbrechens werden unter bestimmten
Umständen Anspruch auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz.
Wenn das Opfer durch eine vorsätzliche Straftat, die mit einer mehr
als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedroht wurde, verletzt wurde und
deshalb Heilungskosten zu tragen hat bzw. in seiner Erwerbstätigkeit
gemindert wird, hat es unter bestimmten Umständen Anspruch auf Leistungen
nach dem Verbrechensopfergesetz. Niederlassungs- und Aufenthaltsbewilligung Die Aufenthalts- und Fremdenrechtsbestimmungen und das Ausländerbeschäftigungsgesetz
wurden in den letzten Jahrzehnten laufend verändert. Das bedeutet
für Beratungseinrichtungen eine ständige Herausforderung. In
ihrer Verantwortung lag und liegt es, dass MigrantInnen ihre Pflichten
erfüllen und aber auch zu ihren Rechten kommen. Durch das Inkrafttreten des neuen Fremdengesetzes hat sich leider die Situation von Migrantinnen, die von Gewalt betroffen sind, nicht verändert: Ehefrauen mit Familienvisum bleiben weiterhin „Anhängsel“ ihres Ehemannes ohne ein eigenes Recht auf Aufenthalt. Für Frauen, die misshandelt werden, bedeutet das häufig, der Gewalt ausgeliefert zu sein. Die Frauenhelpline und Opferschutzeinrichtungen fordern seit langem ein unabhängiges Aufenthaltsrecht für Migrantinnen, blieben mit dieser Forderung allerdings bislang erfolglos. Anti-Stalking-Gesetz Stalking ist der englische Ausdruck für Psychoterror. Er stammt
aus der Jägersprache und bedeutet anpirschen, auflauern und umzingeln.
Stalking wurde bekannt im Zusammenhang mit Promienten, die von ihren
Fans verfolgt werden. Unter Stalking versteht man das bewusste und wiederholte
Verfolgen, Auflauern oder Belästigen einer Person gegen deren Willen.
Das Ziel des Stalkers ist es, diese Person zu ängstigen, zu irritieren,
in Panik zu versetzen oder zu etwas Bestimmten zu zwingen. Die Handlungen
umfassen Telefonanrufe, Bedrohen durch SMS, Auflauern vor der Haustüre,
etc. Für Opfer von Psychoterror gab es in Österreich bisher keine rechtlich wirksame Handhabe. Das wird sich nun ändern. Ein Anti-Stalking-Gesetz wird wirksam und soll Opfern Soforthilfe anbieten. Indem es bei Gericht eine Einstweiligen Verfügung (EV) beantragt, kann das Opfer einen sofortigen Schutz vor dem Stalker erwirken. Die Gerichte sind beauftragt, die EV binnen kürzester Zeit zu behandeln. Opfer von Psychoterror wenden sich auch häufig an die Frauenhelpline. Durch das Anti-Stalking Gesetz können die Beraterinnen insbesondere weiblichen Stalkingopfern konkrete Hilfsmaßnahmen anbieten. Zwangsverheiratung „Die Ehe darf nur auf Grund der freien und vollen Willenserklärung mit dem zukünftigen Ehegatten geschlossen werden,“ so heißt es im Artikel 16, Abs. 2 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte: „Jeder Mensch hat das Recht, frei zu entscheiden, wen er/sie heiratet, dies gilt für Frauen ebenso wie für Männer, unabhängig von Religion, Herkunft, Hautfarbe oder Alter.“ Leider sieht die Realität anders aus: Viele, insbesondere Frauen und Mädchen können weder den Zeitpunkt der Eheschließung bestimmen, noch ihren Partner selbst auswählen. Zwangsverheiratung ist kein österreichisches Phänomen, es kommt in allen Ländern der Welt vor – verstärkt jedoch in Familien mit migrantischen Hintergrund. Meist sind es die Eltern, die die Mädchen bereits in sehr jungen Jahren verheiraten. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Wichtig ist es, die diesbezüglichen Tabus zu brechen und Opfer durch gesetzliche und durch präventive Maßnahmen zu unterstützen. Zwangsverheiratung muss als massive Gewalt gegen die Betroffenen anerkannt werden, als elementare Verletzung der Menschenrechte und nicht als Ausdruck kultureller Vielfalt. Die Mitarbeiterinnen der Frauenhelpline beteiligen sich an der Plattform
Zwangsverheiratung, die in den letzten zwei Jahren Verbesserungsvorschläge
ausgearbeitet hat, die auf politischer Ebene diskutiert und erörtert
wurden. Demnächst wird Zwangsverheiratung ein Offizialdelikt und
somit strafbar. Nicht nur die Betroffenen von Zwangsverheiratung können
Anzeige erstatten auch ZeugInnen können von diesem Gesetz Gebrauch
machen. |